Eisenbahnrecht 2025: Chancen, Herausforderungen & Neuerungen

Inhalt & Überblick

18.12.2024

Für das Jahr 2025 stehen zahlreiche rechtliche Neuerungen für den Eisenbahnverkehr in den Startlöchern. Neue Verkehrsleitlinien und eine EU-Gruppenfreistellungsverordnung könnten klarere Regeln für die Anwendung des Beihilfenrechts bringen. Gleichzeitig durchwandert eine neue EU-Verordnung für ein effizientes Fahrwegmanagement weiter den Gesetzgebungsprozess. Nationale Entwicklungen wie das neue Informationsfreiheitsgesetz, überarbeitete Fahrgastrechte und Änderungen im Eisenbahngesetz bei den Vorrangregeln für die Trassenvergabe setzen ebenfalls neue Maßstäbe. Zudem wird ein wegweisendes Urteil des EuGH zu Marktaufschlägen erwartet. Dieser Beitrag gibt einen kurzen Überblick.

EU-Beihilfenrecht: Neue Verkehrsleitlinien und eine Gruppenfreistellungsverordnung?

Mitte 2024 hat die Europäische Kommission Entwürfe für neue beihilfenrechtliche Vorschriften für den Landverkehr und den multimodalen Verkehr vorgestellt. Konkret sollen neue Verkehrsleitlinien (ersetzen die bisherigen Leitlinien für staatliche Beihilfen für Eisenbahnunternehmen) und eine beihilfenrechtliche Gruppenfreistellungsverordnung für den Verkehrssektor erlassen werden. Bis zum 20.9.2024 hatten die interessierten Kreise im Rahmen einer öffentlichen Konsultation Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Die Kommission hat angekündigt, die neuen Verkehrsleitlinien und die Gruppenfreistellungsverordnung bis Ende 2025 zu erlassen.

Neue EU-Verordnung für ein effizientes Fahrwegmanagement?

Im Zusammenhang mit dem Green Deal hat die Europäische Kommission im Juli 2023 den Vorschlag für eine Verordnung über die Nutzung von Fahrwegkapazität im einheitlichen europäischen Eisenbahnraum präsentiert (siehe COM[2023] 443 final vom 11.7.2023). Der Vorschlag zielt auf die Einführung eines harmonisierten, unmittelbar anwendbaren Rahmens für das Eisenbahninfrastruktur- und Verkehrsmanagement ab und soll dazu beitragen, mehr Verkehr auf dem vorhandenen Eisenbahnnetz zu bewältigen, was sowohl den Fahrgästen als auch den Frachtkunden zugutekommen würde. Der Verordnungsentwurf befindet sich derzeit im EU-Gesetzgebungsprozess in erster Lesung. Zuletzt haben Erörterungen im Rat der Europäischen Union stattgefunden. Es bleibt abzuwarten, ob im Laufe von 2025 der Verordnungsvorschlag in die Erlassung eines verbindlichen Rechtsakts mündet und welchen Einfluss das künftig auf Trassenvergaben haben könnte.

Neues Informationsfreiheitsrecht ab September 2025

Im Jahr 2024 war das BMK im Zusammenhang mit bestimmten öffentlichen Verkehrsdiensteverträgen im Eisenbahnverkehr mit einem Auskunftsverlangen nach dem Auskunftspflichtgesetz konfrontiert. In weiterer Folge kam es zu einem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, welches aufgrund einer gütlichen Einigung mit teilweiser Informationserteilung schließlich eingestellt wurde (BVwG 7.10.2024, W274 2296594-1/11E). Künftig könnten solche Situation häufiger auftreten. Denn am 1. September 2025 kommt es zu einem Paradigmenwechsel im österreichischen Recht. Das Amtsgeheimnis wird abgeschafft und durch ein verfassungsrechtlich gewährleistetet Recht auf Zugang zu Informationen ersetzt (Art 22a B-VG). Gleichzeitig tritt das neue Informationsfreiheitsgesetz (IFG) in Kraft, dass das alte Auskunftspflichtgesetz ersetzt.  Auch der Eisenbahnsektor wird davon betroffen sein. Behörden und öffentliche Auftraggeber treffen nach dem IFG künftig z.B. nicht nur passive Pflichten zur Auskunftserteilung, sondern vor allem auch erweiterte neue proaktive Informationspflichten. Abgesehen davon werden insbesondere auch (Verkehrs-)Unternehmen der öffentlichen Hand, die der Kontrolle des Rechnungshofs bzw. eines Landesrechnungshofs unterliegen, bestimmten Auskunftspflichten nach dem IFG unterliegen. Bis September 2025 ist nun noch Zeit, die relevanten Informationen bzw. allfällige Ausnahmen von der Offenlegungspflicht zu identifizieren, eine entsprechende Informationsstrategie zu entwickeln und die behörden- bzw. unternehmensinternen Prozesse entsprechend anzupassen.

Neuen Auslegungs- und Vorrangregeln im EisbG bei der Trassenvergabe

Kaum ist am 15.12.2024 der Fahrplan für 2025 in Kraft getreten, beginnt auch schon die Planung des Fahrplans für 2026. Dabei ist zu beachten, dass erst kürzlich mit der EisbG-Novelle 2024 in § 54 EisbG zwei neue Prämissen für die Auslegung des marktbezogenen eisenbahnrechtlichen Regulierungsrechts eingeführt wurden: die Sicherstellung eines integralen Taktfahrplans mit angemessenen Umsteigezeiten in Knotenbahnhöfen und die systematisierte Nutzung der verfügbaren Fahrwegkapazität (§ 54 Z 5 und Z 6 EisbG). Zudem wurden Eisenbahninfrastrukturunternehmen verpflichtet, für hoch ausgelastete Streckenabschnitte ein Kapazitätsmodell mit systematisierten Fahrwegkapazitäten zur effektiven Nutzung der Eisenbahninfrastruktur zu erstellen und in den SNNB veröffentlichen (§ 63b Abs 1 EisbG). Darauf aufbauend werden künftig Begehren auf Zuweisung von Fahrwegkapazität, die dem Kapazitätsmodells im Einklang stehen, vorrangig bei der Trassenvergabe zu berücksichtigen sein (§ 65 Abs 6 EisbG). Es bleibt abzuwarten, welche Rolle diese neuen Vorgaben bei Trassenvergabe für den Fahrplan 2026 spielen werden.

Vollanwendung der neuen Fahrgastrechte-Regeln ab 1.1.2025

Am 19. Juli 2024 wurde die Fahrgastrechte-Novelle 2024 im Bundesgesetzblatt kundgemacht. Großteils sind die neuen Regeln unmittelbar am darauffolgenden Tag in Kraft getreten. Einige wenige Änderungen des Eisenbahn-Beförderungs- und Fahrgastrechtegesetzes (EisbBFG) treten allerdings erst am 1.1.2025 in Kraft. Das betrifft vor allem die Fahrpreisentschädigung für Zeitfahrkarten mit einer Geltungsdauer ab 6 Monaten (§ 4 Abs 5 iVm § 33 Abs 5 EisbBFG). Auch auf Zeitfahrkarten mit einer kürzeren Geltungsdauer von 1-5 Monaten sind die Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, allerdings erfolgt u.a. keine automatisierte Auszahlung der Entschädigung (§ 5 iVm § 33 Abs 5 EisbBFG). Ab dem 1.1.2025 besteht zudem die Pflicht zur Erstattung auch des Preises für Sitzplatzreservierungen. Eisenbahnunternehmen können jedoch eine angemessene Gebühr in der Höhe von maximal 50% der Reservierungskosten einbehalten, wenn die Stornierung nicht spätestens zehn Tage vor Gültigkeit der Reservierung erfolgt (§ 9 Abs 2 EisbBFG).

Klarstellung des EuGH zu Marktaufschlägen in der Rs C-538/23?

Dem EuGH wurden vom Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2023 zahlreiche Vorlagefragen betreffend die Genehmigung der Marktaufschläge eines Infrastrukturbetreibers durch die Schienen Control und zur Auslegung der relevanten Bestimmungen in der RL 2012/34/EU vorgelegt. Dabei geht es unter anderem um die Frage, ob Marktaufschläge nur ex ante vor Beginn bzw. Ablauf der jeweiligen Netzfahrplanperiode genehmigt werden können (oder das auch ex post möglich ist), die Aufschläge zuerst in den SNNB (ggf. unter Genehmigungsvorbehalt) zu veröffentlichen sind, jede Änderung der Aufschläge als wesentliche Änderung der Entgeltregelung anzusehen ist, im Gesamtentgelt pro Zugkm die direkten Kosten und Aufschläge getrennt ausgewiesen werden müssen etc. Im November 2024 hat Generalanwältin Capeta ihren Schlussantrag vorgelegt.  Es ist daher möglich, dass wir im Lauf des Jahres 2025 eine Klärung der Vorlagefragen durch den EuGH sehen werden.

* * *

Hinweis:

Dieser Blog und dieser Blogbeitrag stellen eine generelle Information und keine Rechtsberatung dar. Sie können eine individuelle Rechtsberatung nicht ersetzen. Eine Haftung, gleich welcher Art, für Inhalt, Richtigkeit und Aktualität ist ausgeschlossen.

Sie haben Fragen oder möchten mir ein Feedback hinterlassen?
Sprechen Sie mich an. Ich bin für Sie und ihr Anliegen erreichbar.

Hier können Sie mich kontaktieren.

Logo RA Paul Hesse
error: Der Inhalt dieser Website ist geschützt.
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner